Wie man Röhrenverstärker NICHT bauen sollte!

Ich habe ja die verschiedensten Geräte hier zur Reparatur – sowohl Messtechnik als auch Audio Geräte. Da gibt es prinzipiell von „sehr gut“ bis „geht gar nicht“ eigentlich alles.

Hier mal ein klassisches Beispiel, wie man Röhrenendstufen N I C H T bauen sollte:

Einstein Audio „ the final cut“…Einstein Audio OTL Verstärker

Ich selbst halte nicht viel vom OTL-Konzept. „OTL bedeutet „output transformer less“ , also ein Röhrenverstärker ohne Ausgangsübertrager. Der Ansatz ist verständlich: Jeder Ausgangsübertrager ist im Grunde ein Bandpass mit eingeschränkter Bandbreite. Somit erzeugt jeder Ausgangsübertrager schon Verluste. Es ist reizvoll diesen weg zu lassen…

Nur es macht keinen Sinn, wenn man sich dadurch diverse neue Nachteile einfängt: Röhren sind bauartbedingt Spannungsverstärker mit mehr oder minder hoher Ausgangsimpedanz. Also nicht gerade geeignet um einen Lautsprecher direkt anzutreiben… Bei OTL-Verstärkern braucht man Schaltungsbedingt immer eine Art Brückenkonzept – das verdoppelt auch noch die Ausgangsimpedanz. Um dieses Problem zu lösen, sollte man also Röhren mit niedriger Innenimpedanz wählen (die aber oft klanglich nicht gerade überwältigend sind!) und davon VIELE parallelschalten. Siehe z.B. das ursprüngliche Konzept von Futtermann. Aber auch das reicht noch nicht ganz für die gewünschte niedrige Ausgangsimpedanz – außer man nimmt, sagen wir mal, mehr als 50 Ausgangsröhren pro Mono-Block. In der realen Welt senkt man die Ausgangsimpedanz einfach durch viel Gegenkopplung.

Wie jeder Verstärker ist auch ein OTL-Verstärker eine Kombination von Kompromissen. Wenn man recht wirkungsgradstarke Lautsprecher mit möglichst hoher Innenimpedanz hat, mag es auch möglich sein recht gutes Ergebnisse zu bekommen.

Setzt man das OTL Konzept jedoch mangelhaft um, hat der Anwender nur Ärger!

Ein Beispiel dafür sind die Einstein Verstärker, die ich gerade zur Reparatur habe:

Hier sieht man schön die Abdrücke von den Kondesatoren – im Bild darüber rechts oben über dem knallroten Film-Kondensator.

Die Ladekondensatoren passen so knapp ins Gerät, dass sie mit der Bodenplatte eigentlich einen Kurzschluss verursachen würden. Die Lösung? So was Ähnliches wie Gaffertape…Betriebssicher ist etwas Anderes! Gibt es da einen Kurzschluss (es liegen +/- 70 V DC an), knallte es erst mal und der vorgeschaltete Regler ist auch Bruch!

 Die größte Schwachstelle sind die verwendeten Röhren 6CX33 – ursprünglich gebaut für russische Funkgeräte, wo pro Gerät nur eine Röhre zum Einsatz kam… Dieser Röhrentyp hat bekannter Weise sehr hohe Fertigungs- Streuungen und eine sehr deutliche Neigung zum driften. Davon 4 gleiche Röhren mit gleichen Drift-Verhalten zu finden ist sehr, sehr schwierig. Auch wenn ein Satz nach Einbau und Abgleich perfekt funktioniert, weiß man nie, wie lange das gut geht – reine Glückssache.

Wenn man den Röhrensatz tauschen muss, entweder direkt von Einstein beziehen(teuer!), oder viele Röhren kaufen und selbst selektieren (noch teurer!).

Wenn eine der 6CX33 ausfällt gibt es intern meist ein kleines „Feuerwerk“ – das bedeutet: Gesamten Röhrensatz tauschen und meist sind auch intern Bauteile defekt! Eine Single ended Triode mit Original Western Electric Röhren ist da im Vergleich von den Betriebskosten her günstig!

Der nächste Schwachpunkt ist die Servoschaltung: Da die Endstufe in einer Brückenkonfiguration arbeitet braucht man diese Schaltung um Gleichspannung am Ausgang zu vermeiden. Zwischen zwei Messpunkten soll mit einem Standard-billig- Poti eine Spannung von unter 5 V eingestellt werden. Viel Spaß dabei – der Regelbereich des 270° Drehwinkel – Potis beträgt ca. +/- 200 V.! dazu noch die oben genannte Drift. Ist dieser Servo-Verstärker nicht richtig eingestellt, bringt die Endstufe nicht die volle Leistung und schaltet z.B. schon bei 20 Watt Ausgangsleistung ab. Auch wenn man die Einstellung einmal hinbekommen hat, heißt das ja nicht, dass sie auch bleibt…

Die Potis liegen listiger Weise unter dem Flachbandkabel, sieht man bei der Gesamtansicht weiter oben besser…

Wenn man wollte gäbe es sogar richtig gute Röhrenfassungen – original russisches Militär..

Mein Fazit! Kann unter bestimmten Bedingungen funktionieren und auch recht brauchbare klangliche Ergebnisse liefern. Die Geräte sind aber nicht betriebssicher und die Instandhaltungskosten sind ungewöhnlich hoch.

Da ich somit keine langzeit-stabilen Reparaturen anbieten kann, werde ich diese Geräte in Zukunft N I C H T mehr reparieren!!!

Die verwendeten Bauteile sind in etwa mittlerer Qualität, der Aufbau ist nicht gerade service-freundlich!

Ähnlich Endstufen, die mal von der italienischen Firma Graaf gebaut wurden sind ähnlich unangenehm…

Als Gegenbeispiel wie gut gemachte, betriebssichere Endstufen aussehen: Klangfilm! Wenn man so baut klingt es nicht nur gut, hält auch ewig! Die abgebildeten Endstufen (+ unten die Vorstufe) sind, in neuem Gehäuse, ca. 60 Jahre alt und funktionieren problemlos!

Kommentare sind geschlossen.